Wie wird die Bevölkerung informiert. Während dem «kalten Krieg» wurde bekanntlich langsam und schlecht informiert, bei Tschernobyl eher nur reagiert, denn meinem Gedächtnis entsprechend hat ein Kernkraftwerk in Schweden drei Tage nach dem Unglück auf die angestiegene Radioaktivität aufmerksam gemacht. Die Schweiz ging eh nie mit gutem Beispiel voran. 1969 hatten wir in Lucens den ersten grossen (offiziell je erwähnten) Reaktorunfall der Welt. Die ganze Geschichte wurde praktisch tot geschwiegen und verharmlost. Und trotzdem hat die Schweizer Wirtschaft und Wissenschaft viel davon gelernt. Um Lucens, an der alten «Bern-Lausanne-Strecke» bei den 13 Kantonen (einmal vergrössern) braucht es keine Sperrzone, die Gegend ist sauber. Keiner hat Bedenken ein Henniez aus der Nachbarortschaft zu trinken. Ob heute besser informiert wird oder würde soll jeder selbst entscheiden.
Wird die Bevölkerung heute besser geschützt? Pläne gibt es. Aber die Logistik in Krisensituationen lässt meist zu wünschen übrig. Die Sicherheitsinformationen von Kraftwerken sind bei uns bedenklich. Alle produzierende Schweizer Kernkraftwerk oder Forschungsreaktoren sind innerhalb von rund 50 km Luftlinie zu unserem Wohnort – Gösgen die Hälfte. Wir haben eine 20 jährige Instruktion im Luftschutzkeller und da steht nur: 2 minütiger unterbrochener an- und abschwellender Signalton. Hätten sie es noch gewusst? Die Information beim BAG, dem Bundesamt für Gesundheit ist gelinde gesagt katastrophal – 171 Einträge über Strahlenschutz. Beim deutschen Bundesamt für Strahlenschutz sieht es nicht besser aus.
Entschuldigen sie bitte, wenn ich so kritisch bin. Aber hier kann es um Menschenleben gehen. Und genau solche Beispiele sind es, die das Unbehagen um Atomkraft schüren. Kernkraft kann technisch gesehen gut im Griff gehalten werden, wenn die Menschen mitspielen. Noch vor Jahren hiess es, den GAU, der Grösste Anzunehmende Unfall ist ausgeschlossen. Tschernobyl hat leider das Gegenteil bewiesen. «Heute ist ein GAU ausgeschlossen, denn wir haben ein doppeltes und dreifaches Sicherheitssystem!» So ein Deutscher Kernkraftwerks-Sprecher. In Tschernobyl haben sie vier Fehler gemacht. Nur ein einziger, egal welcher Fehler, der nicht gemacht worden wäre, hätte den Unfall vermieden.
Statistisch gesehen mögen sie ja Recht haben, aber Murphys Law lautet:
„Wenn es zwei oder mehrere Arten gibt, etwas zu erledigen, und eine davon kann in einer Katastrophe enden, so wird jemand diese Art wählen.“
Wie sollen schon Statistiken glaubwürdig sein, wenn es keine brauchbaren Grundlagen-Daten gibt. Bei den Opfern wird zwischen rund 50 und mehreren 100’000 Toten gesprochen. Das oben besprochene BAG geht von 200 zusätzlichen Krebstodesfällen in der Schweiz aus. Und das Verrückte ist, dass es bei einem nicht zu hoffenden Unglück weitere Tote geben wird, weil viel zu wenig wissen, wie man sich schützen muss.
Dem Thema sollte etwas Beachtung geschenkt werden, denn die Atomkraft ist je länger je mehr ein aktuelles Thema. Energiekrise und keiner weiss wie die zu bewältigen ist, denn die alternativen Energien werden vermutlich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch zu wenig forciert. Die Sonnenenergie ist die beste, denn hier wird auf die Welt eingestrahlte Energie benutzt. Die Kernenergie hat nebst der Strahlung einen weiteren Nachteil, sie wandelt ruhende Energie in Wärme um. Pro und Contra muss jeder für sich abwägen und hoffen, dass es nie mehr ein zweites Tschernobyl gibt.
http://www.nytimes.com/interactive/2014/04/27/science/chernobyl-capping-a-catastrophe.html?emc=edit_th_20140428&nl=todaysheadlines&nlid=52042270&_r=1 – Deckel für 100 bis 300 Jahre – Kosten 1,5 Mia.