Wasser ist etwas faszinierendes, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Keine Ahnung, wie oft pro Tag wir mit Wasser in Berührung kommen oder an dieses denken. Wenn es regnet, dann denkt man öfters daran, dass Wasser unangenehm sein kann. Wenn sie einen Wasserleitungsbruch haben, dann wird es unangenehm, weil das Wasser fehlt. Blenden wir zurück. Sommer 2012. Einige denken an den Bau der Arche Noah, weil es giesst. Und ich sitze fast auf dem Trockenen. Pro Minute kommen plötzlich nur noch zwei drei Deziliter Wasser zum Hahnen raus. Eine WC-Spülung braucht den Vorrat, der sich in einer runden halben Stunde angesammelt hat. Wenn man am Wochenende ein Bad nehmen und den günstigen Strom fürs Waschen ausnützen will, muss man planen.
Was war geschehen? Durch die starken Wasserfälle wurde im Hang westlich der Hammerschmitte ein Hangrutsch verursacht. Nicht meterweise, vermutlich nur wenige cm. Von Auge nicht erkennbar, im Unterholz, schlammig, voll Himbeeren, Kraut. Immense Kräfte werden da mobilisiert. Kubikmeterweise Material, das gegen das Wasserrohr drückt, das sich vermutlich irgendwo an der Nagelfluh verzahnt hat. Das Eisenrohr bricht. Wo? An der schwächsten Stelle, dort wo das Gewinde aus der Verbindung herausragt. Physik trifft auf Physik. Mit einem kleinen Mehraufwand wäre das vermutlich über 80ig-jährige Teil noch lange haltbar. Ansonsten ist das 3mm-Rohr nur mit Oberflächenrost bedeckt. Die grössten Roststellen sind rund einen halben mm tief. Das war kein billiger russischer Stahl mit Schwefel oder heute oft eingesetzte geschwefelte Stahllegierungen. Diese sind leichter zu bearbeiten und viel korrosionsanfälliger. Heute treten zum Teil Bauschäden schon nach kurzer Zeit auf, gar wenn Bauten noch nicht einmal abgerechnet sind. Über dieses Thema ein andermal, dort dringt ja auch Wasser ein und hier haben wir das Problem des austretenden Wassers. Da das Bodenmaterial (Humus-Lehmgemisch) relativ undurchlässig ist und sich das Wasser den Weg mit dem geringsten Widerstand sucht, läuft dankender weise ein Teil vom oberen Rohrende zum unteren … und duschen ist weiterhin planbar.
Wann soll man in einem sumpfigen Steilhang von etwas mehr als 40 Meter Länge ein Leck suchen und das Leck dichten? Bei Wintereinbruch, der war letztes Jahr früh, kann man nur mit Handarbeit ein Leck suchen. Das ist beinahe unbezahlbar. Im Frühling? Wenn ich mich nicht täusche, wurde der heuer ersatzlos gestrichen – der fand irgendwann an einem Wochenende statt. Im Sommer? Da gibt es am meisten Niederschlag und einen «Schwimmbagger» war nicht zu organisieren. Hokuspokus, Aberglaube, Langfristprognosen und ein Quäntchen Glück. Am Tag, als ich den Weg zum Reservoir freigehauen habe – wie im Dschungel – hab ich noch meine Regenjacke geholt. Für ganze fünf Minuten. Kein Tropfen Regen während der Lecksuche und der anschliessenden Bauzeit für das Verlegen der neuen Wasserleitung.
Hier fliesst Wasser. Einige Tropfen. Ständig, Minute für Minute, Jahr für Jahr und das gibt immense Volumen an Wasser, die hier auf den Waldboden treffen. Zuviel, um mit dem Bagger durchzufahren. Einige Tropfen, die man praktisch nicht sieht, bringen eine grosse Maschine zum Stillstand. Also, den Abfluss freilegen. Manch einer auf der Welt wäre froh, wenn er dieses Wasser zur Verfügung hat. «… ist jeder Tropfen Wasser, der in die Dörfer (Anm.: von Mosambik) kommt, ein Segen.» Knackeboul sagt dies in einem Interview mit der Coopzeitung. Andere Länder, andere Sitten – oder besser gesagt, andere Umstände. Mit dem Wasser, das hier einfach aus dem Wald läuft, könnte man viele Menschen beglücken. Diesen Rapper habe ich vor acht Jahren bei der Plattentaufe von «blauäugig» mit der Band Mundartisten kennengelernt. Und nun arbeite ich mit meinem «Generalbauunternehmer» Niggi – Bauer, ledig, sucht – daran, den Steilhang fahrbar zu machen.
«Piraten wie wir können niemals untergehen.» Ne, wir sind nicht am rappen, legen die Zufahrt zur Brunnstube und Wasserreservoir frei. Jonas, Pauls Jüngster, scheint ein Talent als Paparazzi zu sein. Instruktionszeit ungefähr ein Dezi Wasser. Er ist zwei Jahre älter, als sein Vater, der damals als 8-jähriger «mithalf», als das Wasserreservoir gebaut und die Brunnstube freigelegt wurde. Während rund 45 Jahren wurde diese von zwei Metern Humus überdeckt. Dieser wurde am letzten Tag entfernt, damit der Zugang wieder sichtbar wurde.
Der Wald lebt und der Boden lebt, denn hier fliessen pro Tag nebst dem vielen Hangwasser weitere 10’000 Liter den Hang hinab, die eigentlich durch das Rohr in der Hammerschmitte landen sollten. Ideales Klima für Minze. Diese und zwei von meinen werden gleichentags für die Junioren gepflanzt – Hangminze, Schokoladenminze und Kaugummiminze, wie ich die letzte getauft habe. Wenn er mit seinen Kindern mal meine Wasserversorgung anschaut, sind das vielleicht Epiphyten geworden. Die Zeit, die ändert sich und pro Jahr fliessen hier viele Millionen Liter Wasser, die das Gelände mehr als nur morastig machen. Pro Quadratmeter Einzugsgebiet im Durchschnitt genau 1119 Liter – acht Badewannen!
Über den Bau des Reservoirs und des Sandabscheiders, wissen wir alles. Der Zufall will es, dass einer der damals am Bau Beteiligten in diesem Tal auch im zweiten Bass singt. Wir sprechen intensiv über dieses kalte Wasser. Natürlich auch brennendes, das Tanner mithilfe von Tannenholz auch aus Waldhimbeeren holen könnte. Über die Kraft des Feuerwassers wollen wir aber heute nicht berichten. Sondern über die Kraft, die ein Baum aushalten muss, um den Bagger rund vierzig Meter den Steilhang herunter zu lassen. Seilwindenführer bin ich. Instruktionszeit zwei Dezi Wasser. Risiken? Ne, da passiert nichts! Bitte, sollten sie mal in den Genuss kommen, eine grosse Seilwinde zu steuern, so schalten sie bei einem Standortwechsel den Funk ab. Diese Erkenntnis kommt, nachdem ein Zweig den Schalter getroffen hat – Seil gelöst – Bagger im Sturzflug. Einen guten Meter, bis ich reagieren kann. Aber der Schock sitzt in den Knochen. Weiter arbeiten. Die Leitung muss freigelegt werden. Hoffentlich ist das Leck im untersten Teil, dort wo es mehr als morastig ist, sumpfig. Vom Untergrund her, wurde die alte Leitung nicht gerade, in der Flucht verlegt. Wieso? Weil es zwischen Humus auch Fels hat, der fast bis an die Oberfläche kommt und die Leitung sollte nicht oberflächennah verlegt werden, damit sie nicht einfrieren kann.
Fliessendes Wasser wird dir nicht einfrieren! Nur wer garantiert, dass es nirgends einen Unterbruch gegeben kann und bei eisiger Kälte, dann alles zum Stillstand kommt. Daher muss die Leitung zum Teil gesucht werden, weil sie dem Untergrund entsprechend verlegt worden ist. Feinarbeit, damit die offengelegte Leitung nicht (noch mehr) verletzt wird. Im obersten Viertel wird das Leck gefunden. Der Fall ist klar. Wir werden eine neue Leitung verlegen. Wenn das Leck am Anfang gewesen wäre, hätten wir repariert. So erscheint es uns sinnvoller, gleich einen neuen Ersatz zu erstellen, der schnell organisiert werden kann. Dem Sanitärinstallateur sei gedankt. Na ja, es ist gut, einen tollen kontakt zu Brunnenmeister und Brunnenausrüstern zu haben.
Schlussendlich 40,5 Meter Rohr aus Polyethylen – wie das alte Auslaufrohr beim Reservoir, das wir kurz danach freigelegt haben. 45 Jahre im Boden und sieht wie neu aus. Nur die Leitung im Steilhang wurde damals nicht ersetzt. Wenn sie einige Tage bei Sommertemperaturen und in diesem feuchten Klima gearbeitet haben, wissen sie warum. Und auch heute gilt der Spruch: «Never touch a running system.» Nun bleibt die Frage, was gehört eigentlich zum Suchaufwand, denn der aufgerissene Graben hätte ja auch wieder geschlossen werden müssen. Das soll die Versicherung entscheiden. Die Gesamtkosten wurden tief gehalten.
Meinem «handy man» sei Dank – ich kann ihn nur weiterempfehlen. Sollte jemand die Leitung später einmal suchen müssen, so ist sie bis wenige Meter vor dem Reservoir schnurgerade verlegt. Dem Bohrhammer sei Dank. Ohne den, wären die Nagelfluhhindernisse noch immer da. Wieso dieses Konglomerat auch Herrgottsgsbeton genannt wird, wurde mir Samstag allein im Hang klar. Eisenbeton ist viel einfacher zu entfernen. Sprengen wäre einfacher gewesen. Total durchnässt und schmutzig, war ich froh, wieder ganz normal Badewasser ohne Planung einlaufen zu lassen. Eigentlich eine geologisch interessante Gegend, kommen doch im Umkreis von knapp 200 Metern Nagelfluh, Sandstein und Kalktuff in grösserem Ausmass an der Oberfläche vor.
Am Schluss wurden die letzten 5-6 m Rohr mit einem leichten Bogen nordwärts angeschlossen. Wieso? Das letzte Stück hätte mit Handarbeit erledigt werden müssen, weil der Bagger das Reservoir umfahren musste. Allen Unkenrufen zum Trotz wurden die geschätzten Arbeitsaufwendungen stark unterboten. Und die Arbeit im Hang war ein Erlebnis, das wir zwei nie vergessen werden. Ich knietief im Schlick und Paul als Virtuose im Bagger.
Vielleicht hilft auch hier eine relativ unbekannte Kraft des Wassers, dass wir sehr gut mit dem kräftezehrenden Hang zurechtkommen – die Bovis-Einheiten. 8500 ist hoch. Hahnenwasser soll normalerweise 2500 haben. Darüber schreiben, das ist zu früh. Da muss ich zuerst noch einiges kennen lernen. Grenzwissenschaft hat mich schon immer interessiert. Nie lachen, zuhören. Es gibt genügend Beweise.
Und gestatten sie mir noch eine Frage. Wieso wurde die Hammerschmitte genau hier, an der engsten Talstelle gebaut? Mit dem Wasserfluss zum Betreiben der ehemaligen Wasserräder hat es garantiert nichts zu tun. Das Wasser kam immer schon in einem Kanal bis zum Haus und der Ursprung des Kanals ist einige hundert Meter südwärts. Wo, bei Paul. Die überzeugendste Antwort ist bisher, dass sich hier ein Kraftort befindet – mit über 10 000 Bovis. Wer mehr weiss, ich bin gespannt.
Wenn wir Glück haben, blühen im Frühjahr ausgelichtete wilde Kirschen. Zudem haben wir ein zweites Rohr verlegt. Ein Reststück, das nicht ganz bis nach unten reichte. Darin wird zusätzliches Hangwasser abgeleitet. Eigentlich wollten wir das noch mal bis in den Bach ergänzen, damit der unterste Teil auch trockener bleibt und im Winter weniger einfrieren kann …
… was aber zusätzlich eine neue Fassung brauchen würde, denn von Norden kommt zusätzliches Wasser, vom Nachbargrundstück. Hier beim geschmolzenen Schnee sehr schön erkennbar. Für meine Nachfahren – dieses Rohr endet auf der Höhe des Marchsteins, der sich rund 2 Meter nördlich befindet – hinter der Tanne auf der Grenze, dort wo ein Skistock eingesteckt ist. So werden hierzulande Marchsteine gekennzeichnet, die im Gelände versinken könnten.
Nun fliesst das Wasser wieder und kann mit 6-7 Minutenlitern als Trinkwasser genossen werden. Es schmeckt herrlich. Und es hat Kraft. Ja, wohin gehen die über 100 Euro-Tankwagen, die gefüllt werden könnten, statt das Quellwasser schlussendlich aus dem Brunner in den Bach laufen zu lassen.
Dort wo das Regionaltreffen der Naturschutzvereine stattfand, sind wir in Schöftland an diesem herbstlichen Haus vorbeigekommen. Über Schönheit lässt sich bekanntlich streiten. Potthässlich, dass es schon fast wieder schön ist?
Bei Fundermax lässt sich jedes gewünschte Design fürs Haus produzieren. Keine Angst, die Diffusionsfähigkeit dürfte für die Hammerschmitte nicht geeignet sein.
Nach schätzungsweise zwei Stunden, bei trockenem Wetter, ist das Wasser aus meiner Quelle bei Dr. Bertrand Piccard angekommen, einem «alten» Bekannten – im Wirbelstromkraftwerk. Viel mehr zu erklären gibt es nicht. Fast alles kann nachgelesen werden. Der Artikel, der für mich am interessantesten war, erschien im Zeitpunkt.
Es gibt Einiges zu ergänzen. Die Grösse ist auf vielen Bildern erahnbar (z.B. am Schwimmring), nicht aber, wie schön das Kraftwerk in die Natur eingebettet wurde. Technisch ist noch interessant, dass der Rotor frei schwebend an einem Kardangelenk hängt. Und wieso kommen die Fische ungehindert durch das Kraftwerk? Die kleinen Fische und Bodentiere bedienen sich der Schleuse, die regelmässig automatisch öffnet und flutet und die grossen haben neben dem Rotor ausreichend frei fliessendes Wasser ohne bauliche Widerstände zur Verfügung. Sie lieben es, gegen einen starken Strom zu schwimmen und Höhe zu gewinnen. Für den Lachs, wäre es kein Problem, hier durchzukommen. Und es sollen schon Aale das Wehr überwunden haben.
Wieso versucht man nicht mit einem Wirbelstromkraftwerk, Gleichstromabnehmer, z.B. Rechenzentren, zu finden. Bis zu 30% Kosten-Ersparnis. Die ABB ist im gleichen Kanton beheimatet. Falls es zuviel Strom gibt, könnte man doch einmal eine Rasenheizung beim Fussballplatz einführen.
Meine rund acht Millionen Liter Quellwasser und das Oberflächenwasser auf meinen «Ländereien» reichen aus, um das Wirbelstromkraftwerk knapp eine Stunde laufen zu lassen. Das sind gute 0.01%, 0.1Promille, was rund 250 Tankwagen entspricht. Zahlenspielerei? Ja. Aber denken sie an die wenigen Tropfen Wasser zurück, die ein Leben erhalten können. In Mosambik und dem Ferienland Kenia haben nur 57% der Bevölkerung Zugang zu sicherem Trinkwasser – in Uganda träumt jeder Zweite vom Segen im Ruedertal.
Wenn «mein» Wasser ins Meer mündet, dann dauert es gute 3 Sekunden, bis soviel Wasser vorbeigeflossen ist, wie in einem Jahr bei der Hammerschmitte in die Rued geleitet wurde. Wieviele Kraftwerke hat es angetrieben oder gekühlt, wie oft wurde es aufbereitet und getrunken und anschliessend wieder gereinigt? Man müsste einmal ein Wassertropfen sein.
Heute habe ich die Umfragekarte der AGV «Ihre Meinung ist uns wichtig!» mit vielen Doppel-☺☺ ausgefüllen … und das nach 24-Stunden Dauerregen – http://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/grosse-schaeden-nach-unwetter-im-aargau . Meine Geschichte wurde positiv abgeschlossen – trinken wir darauf ein Glas Wasser. Nota bene, Wein besteht auch zum grössten Teil aus Wasser.
Zeit eigentlich, den Teil II in Angriff zu nehmen. Vielleicht sogar mit einigen Bildern von heute oder gestern abend. Vermutlich «fülle» ich den Rhein dieses Jahr um wesentlich mehr als drei Sekunden – siehe letzter Abschnitt im Beitrag.